Penge

Penge
Royal Watermen's Almshouses

Penge – Londons unterschätzter Stadtteil mit Charakter und Geschichte

London hat viele Gesichter – und einige davon sind nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Wer nur Soho, Notting Hill oder Shoreditch kennt, hat noch längst nicht alles gesehen. Ein Stadtteil, der selten in den üblichen Reiseführern auftaucht, mich aber seit meinem ersten Besuch begeistert, ist Penge. Ein kleiner Ort mit einem großen Herzen, reich an Geschichte, überraschend charmant und – ein echter Geheimtipp, wenn man London einmal jenseits der Touristenmassen erleben möchte.

Hier trifft Working-Class-Tradition auf kreative Ecken, Kirchenarchitektur auf Sozialgeschichte, ruhige Parks auf bunte Street Art. Und: Hier gibt es mit dem „The Moon and Stars“ einen meiner liebsten Rückzugsorte zum Essen, zum Beobachten und manchmal auch zum Arbeiten.

Aber der Reihe nach.

Wo liegt Penge überhaupt?

Penge liegt im London Borough of Bromley, im Südosten der Stadt. Wer auf der Karte schaut, wird feststellen: Das ist tatsächlich nicht gerade zentral – und genau das macht den Reiz aus. Penge ist eine Art Zwischenwelt: städtisch, aber nicht laut, lebendig, aber nicht überlaufen, authentisch, aber nicht langweilig.

Hier lebt man nicht „für Instagram“, sondern echt. Mit Wochenmarkt, ausgesprochen vielen Charity Shops, Indie-Kneipen, Jugendstil-Häusern und alten Friedhöfen. Und genau deshalb (und auch wegen der einmaligen Street-Art-Szene) zieht es mich immer wieder hierher.

Wie komme ich von der Londoner Innenstadt nach Penge?

Die gute Nachricht: Penge ist besser angebunden, als man denkt. Je nachdem, wo du startest, kannst du zwischen Bus und Zug wählen – beides ist einfach und günstig (Bezahlung mit der Oyster-Card möglich).

Mit dem Bus: Wenn du in der Nähe von Trafalgar Square, Westminster oder Victoria Station bist, kannst du zum Beispiel die Buslinie 176 nehmen. Sie fährt direkt bis zur Haltestelle Penge High Street / Sainsbury’s, mitten im Herzen des Stadtteils. Die Fahrt dauert etwa 50–60 Minuten, je nach Verkehr. Aber: Du sitzt oben im Doppeldecker, kannst die Stadtviertel vorbeiziehen lassen und bekommst ein Gefühl für Londons Dimensionen.

Mit dem Zug: Schneller und direkter geht’s mit dem Zug. Von London Victoria oder London Bridge fährt der Southern oder Thameslink-Zug in 15–20 Minuten zur Station „Penge East“ oder „Penge West“ – je nachdem, wohin du willst.

  • Penge East liegt näher an den klassischen Sehenswürdigkeiten und ruhigeren Ecken.
  • Penge West ist ideal für alle, die in Richtung Crystal Palace oder die High Street möchten.

Beide Stationen sind nur wenige Gehminuten voneinander entfernt und bestens vernetzt.

St. John’s Church #2
St. John’s Church #2
St. John’s Church #1
St. John’s Church #1

St. John’s Church – Penge von seiner spirituellen Seite

Wer sich Penge nähert, sieht schon bald einen neugotischen Kirchturm aus dem 19. Jahrhundert, der stolz über den Dächern thront: die St. John the Evangelist Church, meist einfach St. John’s genannt.
Sie wurde 1850 erbaut, in einer Zeit, als Penge schnell wuchs – nicht zuletzt durch die Eisenbahn, die London mit den südlichen Vororten verband. Die Kirche steht nicht nur für religiöses Leben, sondern auch für sozialen Zusammenhalt.
Der Bau ist aus ragstone, einem typischen Londoner Kalkstein, mit einem beeindruckenden Kirchenschiff und wunderschönen Bleiglasfenstern. Besonders schön: der kleine Garten ringsum, der im Frühling von Narzissen und Krokussen überflutet wird.
Wer Glück hat, kann eines der offenen Orgelkonzerte oder Chorproben miterleben – eine perfekte Gelegenheit, in die Atmosphäre dieses Ortes einzutauchen.

Royal Watermen’s Almshouses #1
Royal Watermen’s Almshouses #1
Royal Watermen’s Almshouses #2
Royal Watermen’s Almshouses #2

Die Armenhäuser der Wassermänner – Sozialgeschichte zum Anfassen

Ein Ort, der mich bei meinem ersten Besuch sehr bewegt hat, sind die sogenannten „Watermen’s Almshouses“ – eine Reihe kleiner, roter Backsteinhäuser mit Spitzdächern, die auf den ersten Blick fast märchenhaft wirken.
Sie wurden 1839 von der Company of Watermen and Lightermen of the River Thames gebaut, einer alten Gilde, die Bootsführer auf der Themse vereinte. Die Häuser waren für bedürftige Witwen und alte Männer gedacht, die ihr Leben auf dem Fluss verbracht hatten.
Heute erinnern die Häuser an eine Zeit, in der Wohlfahrtssorge noch Sache der Zünfte war – lange vor dem modernen Sozialstaat.
Wer durch die Anlage schlendert, spürt die Geschichte in jeder Fassade. Die Tafel am Eingang verrät die historische Bedeutung. Einige der Gebäude sind bis heute bewohnt – in einer Art, die Respekt verdient. Kein Museum, sondern lebendige Vergangenheit.

The Chapel – Kultur trifft Kneipe

The Chapel

„The Chapel“ ist ein spannender Hybrid: Kneipe, Café, Begegnungsort – und irgendwie auch Kulturzentrum. Es liegt etwas versteckt in einer Seitenstraße, aber ist für viele Penger*innen ein echter Lieblingsort.
Was auf den ersten Blick wie ein umgebautes Kirchengebäude aussieht, ist tatsächlich ein ehemaliger Nonnenkonvent, der mit viel Feingefühl in ein stylisches, aber unaufgeregtes Lokal verwandelt wurde.

Hier gibt’s Live-Musik, Kunstausstellungen, Lesungen, und oft sieht man Menschen, die mit Skizzenbüchern, Laptops oder einem Glas Cider die Zeit vergessen.
Mir gefällt besonders die Mischung aus industrial chic und kirchlichem Erbe – und die Tatsache, dass man hier mit Fremden ins Gespräch kommt. „The Chapel“ ist ein Ort, an dem Penge atmet.

The Moon & Stars

Restauranttipp: The Moon and Stars – Mein zweites Wohnzimmer

Manche Orte fühlen sich an wie ein Zuhause auf Zeit – und The Moon and Stars ist genau so einer.
Zu finden in der 166–167 High Street, hat dieses Wetherspoons-Pub alles, was ich unterwegs brauche:

  • große, gemütliche Nischen mit Tischen,
  • Steckdosen an fast jedem Platz,
  • verlässliches WLAN,
  • viel Raum und Licht,
  • und: unschlagbare Preise.

Ob Frühstück (Full English für unter £6), ein Cappuccino mit Refill oder ein Pint Cider am Nachmittag – man bekommt hier viel für wenig Geld. Und das ohne Einbußen bei Qualität oder Atmosphäre. Happy hour gibt es auch…
Ich komme oft hierher. Und ich bin nicht allein: An vielen Tischen sitzen Einheimische mit Laptops, lesen, arbeiten, plaudern. Manchmal auch mit Kinderwagen oder Hund.
Die Bedienung ist freundlich, unaufdringlich, und auch wenn es eine Kette ist – dieser Pub hat eine eigene Seele.

Tipp: Wenn du unter der Woche vormittags kommst, ist es besonders ruhig. Und sonntags gibt’s einen preiswerten Sunday Roast.

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